Grüne Basisgruppe „Mittleres Ostallgäu“ gegründet – agrarpolitische Diskussion in Mauerstetten

Der Kreisverband Ostallgäu von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist im mittleren Ostallgäu nun mit einer Basisgruppe vertreten. Die Gründung erfolgte im Rahmen einer Veranstaltung der Reihe „Grün packt an!“ in Mauerstetten. Hauptthema der öffentlichen Diskussion war dabei die Agrarpolitik der Grünen.

Die Grünen haben im Landkreis Ostallgäu fünf Ortsverbände: in Marktoberdorf, Buchloe, Füssen, Pfronten, die jeweils auch die umliegenden Gemeinden abdecken, sowie im Günztal rund um Obergünzburg. Gemeinsam mit dem Stadtverband Kaufbeuren wollen die Ostallgäuer Grünen nun auch im Gebiet östlich der kreisfreien Stadt neue Organisationsstrukturen schaffen. Die Veranstaltungsreihe „Grün packt an!“ geht dabei auf eine Online-Veranstaltung mit zahlreichen Mitgliedern und Interessierten sowie einen Ortstermin in Mauerstetten in 2022 zurück. Zuletzt hatten die Grünen nach Stöttwang eingeladen.

v.l. Günter Eichinger, Günter Matuschak (Vorstandssprecher Stadtverband Kaufbeuren), Sabine Grünewald-Hilken (Vorstandssprecherin Kreisverband Ostallgäu), Maria Wißmiller (Sprecherin Basisgruppe), Martin Sirch (Sprecher Basisgruppe), Oliver Schill (2. Bgm Stadt Kaufbeuren), Andrea Hecker (Mauerstetten), Holger Jankowski (Stadtrat Kaufbeuren)

Diese erfolgreiche Veranstaltungsreihe und weitere Aktivitäten in diesem Bereich soll von nun an eine eigene Basisgruppe „Mittleres Ostallgäu“ verantworten, die mittelfristig zur Gründung eines neuen Ortsverbands führen könnte. Als Sprecherin dieser neuen Basisgruppe wurden von der Versammlung Maria Wißmiller aus Bernbach und als Sprecher Martin Sirch aus Kaufbeuren gewählt. In der Basisgruppe können auch Nicht-Mitglieder mitmachen und sich bei Interesse unter post@gruene-oal.de melden.

Welche Konzepte verfolgen die Grünen in der Agrarpolitik?

Der öffentlichen Einladung zur Veranstaltung im Sonnenhof in Mauerstetten waren neben Grünen-Mitgliedern und Interessierten vor allem Landwirte gefolgt. Nach den großen Protesten wollten sie sich über die agrarpolitischen Ideen der Grünen informieren.

Perspektiven für die Landwirtschaft: der 7 Punkte-Plan der grünen Bundestagsfraktion

Maria Wißmilller, die als Büroleiter des grünen Abgeordneten Christian Hierneis im Bayerischen Landtag arbeitet, erklärte die langjährigen Bemühungen der Grünen für eine Politik, mit der die Landwirtschaft fair behandelt wird und gut wirtschaften kann. Dabei steht vor allem die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU zur Debatte, aus der mit Abstand die meisten Subventionsgelder stammen.

Leistung statt Fläche – mehr Geld für die kleineren Bauernhöfe

Hier plädieren die Grünen seit Langem für eine Abkehr von der Flächenprämie, die große Agrarunternehmen bevorzugt und somit direkt zu den Problemen kleiner und mittelständiger bäuerlicher Betriebe beiträgt. Vielmehr sollten die Leistungen der Landwirtschaft für die Allgemeinheit fair entlohnt werden – etwa ihr im Allgäu besonders bemerkenswerter Beitrag zur Kulturlandschaft oder Maßnahmen für Umwelt- und Artenschutz.

Dieses Konzept hatte auch der grüne Bundestagsabgeordnete Karl Bär bei einer Veranstaltung 2022 in Pfronten unter weitgehender Zustimmung der dort anwesenden Landwirte geschildert:

Wer bestimmt die EU-Agrarpolitik?

In diesem Jahr wird im Juni das EU-Parlament neu gewählt, der nächste EU-Haushalt wird jedoch erst bis 2027 ausgehandelt. Für viele Bauernhöfe könnte eine große Lösung auf europäischer Ebene zu spät kommen. In Mauerstetten wurden zahlreiche weitere Probleme der Agarpolitik angesprochen. So sei für viele kleine Betriebe auch trotz der hohen Förderungen ein Stallumbau nicht mehr tragbar, um auch bei einem Verbot der Anbindehaltung wirtschaftlich lohnenswert weitermachen zu können.

Einig waren sich die Anwesenden, dass eine Kfz-Versicherungspflicht für landwirtschaftliche Maschinen, die bisher unter der Betriebshaftpflicht liefen, bürokratischer Unsinn ist. Der Bundestag hatte Ende des vergangenen Jahres die Umsetzung einer für die Nationalstaaten verpflichtenden EU-Richtline von 2021 formal beschlossen.

Um wieder einen direkten Draht in das EU-Parlament zu haben, gehen die Ostallgäuer Grünen mit Andrea Wörle zur EU-Wahl ins Rennen. Wie auch Maria Wißmiller kommt Andrea Wörle aus einer landwirtschaftlichen Familie aus dem Allgäu.

Grüne stoppten die geplante Überbelastung der Landwirtschaft in Haushaltsdebatte

Bei der rund um den Jahreswechsel besonders drängenden Debatte in Deutschland waren die Grünen schnell und konsequent auf Seiten der Landwirtschaft: Durch ihren Einsatz konnten die zunächst angekündigten Subventionsstopps bei der Kfz-Steuer und dem Diesel für die Landwirtschaft verhindert oder deutlich abgeschwächt werden.

Neben Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, der sofort Einspruch eingelegt hatte, sorgte auch die Bayerische Landtagsfraktion der Grünen mit einem offenen Brief für eine Planänderung, sodass nun nur noch die Agrardieselsubvention gestrichen wird – und zwar gestaffelt über mehrere Jahre.

Die soziale Frage beim Klimaschutz

Özdemirs Ministerium hatte auf Anfrage des Finanzministeriums schon frühzeitig einer Streichung der Subvention eine Absage erteilt. Wie die grüne Kreissprecherin Sabine Grünewald-Hilken betonte, hatten die Grünen bei ihrem Plan, klimaschädliche Subventionen zu streichen, deutlich andere Prioritäten und auch die soziale Frage im Blick.

Die Grünen waren und sind dabei auf allen Ebenen in konstruktiven Gesprächen mit Landwirten, riefen zur Mäßigung und zur sachlichen Debatte auf und kritisierten speziell in Schwaben und im Allgäu, wenn sich in Bayern auch Amtsträger von CSU und FW in polemischer Weise an Protesten dieser irreführenden Stoßrichtung gegen die Ampel beteiligten.

Demokratie auf der Straße und im Gespräch – für einen verantwortungsbewussten Politikstil

Angesichts des Protestgeschehens und der aufgeheizten Debatten plädierte in Mauerstetten auch Oliver Schill, zweiter Bürgermeister der Stadt Kaufbeuren, erneut für einen sachlichen und konstruktiven Politikstil. Seit der letzten Kommunalwahl habe sich im Kaufbeurer Stadtrat der Umgang der Rätinnen und Räte miteinander deutlich verbessert. Auch auf Bundes- und Landesebene sei es wichtig, dass Politik als Miteinander funktioniert, nicht nur als Gegeneinander.

Zur Verantwortung eines demokratisch gewählten Amtes gehöre dabei, das ganze Volk zu vertreten, nicht nur die eigene Wählerschaft oder die eigene Partei. Einander zuhören und gemeinsam im Gespräch möglichst Lösungen finden, die für alle gut und tragbar sind – so hatte 2020 auch Robert Habeck schon bei seinen Auftritten in Kaufbeuren und Marktoberdorf für einen verantwortungsbewussten Politikstil geworben, erinnerte Schill.

Erfolgreicher Bürgerdialog: so gehts weiter mit „Grün packt an“

In diesem Sinne zeigte sich auch Martin Sirch als Initiator der Veranstaltungsreihe „Grün packt an“ zufrieden mit dem sehr gelungenen Diskussions- und Informationsabend, bei dem die Anwesenden auch nach Ende der von Kreissprecherin Sabine Grünewald-Hilken geleiteten Versammlung noch lange zu direkten Gesprächen verweilten.

Weiter gehen soll es nun mit einer Veranstaltung zum Themenbereich Klimaschutz: am Freitag, den 23.02., um 19.30 Uhr im Gasthaus Kaltental in Aufkirch. Auch ein weiterer Termin, um die Gespräche zum Thema Landwirtschaft – auch mit dem der diesmal aufgrund Krankenstands verhinderten Kreissprecher und Agraringenieur Dr. Günter Räder – zu vertiefen, wurde in Aussicht gestellt.