Zukunft der Landwirtschaft im Allgäu: gemeinsam Verantwortung übernehmen

Das Titelbild zeigt einen Screenshot der Online-Veranstaltung mit den Gesichter-Kacheln der Podiumsteilnehmer*innen: v.l. oben: Daniel Pflügl, Stefan Häfele, Elisabeth Waizenegger, unten v.l. Heinrich Pfister, Georg Martin, Martin Hermle.
v.l. oben: Daniel Pflügl, Stefan Häfele, Elisabeth Waizenegger, unten v.l. Heinrich Pfister, Georg Martin, Martin Hermle.

Bei unserer Online-Podiumsdiskussion mit Landwirt*innen aus dem Unterallgäu und dem Ostallgäu wurden Perspektiven zur regionalen Landwirtschaft ausgetauscht. Dabei kamen die unterschiedlichen Rollen der Verbraucher, der Erzeuger, des Handels und verschiedener Ebenen der Politik zur Sprache.

Moderator und Bundestagskandidat Daniel Pflügl leitete in das Thema mit einem Zitat unseres Bundesvorsitzenden Robert Habeck ein, demzufolge vor allem das Prinzip „Wachse oder Weiche“ für das Höfesterben verantwortlich sei. Die im Allgäu traditionell die Landschaft prägende Landwirtschaft mit kleinen und mittleren Familienbetrieben habe so auf Dauer keine Chance. Elisabeth Waizenegger, Bio-Milchbäuerin aus Legau, fordert, dass die Agrarsubventionen nicht mehr an die Fläche gebunden werden, sondern an Gemeinwohlleistungen. „Wir brauchen Spielregeln für ein faires Spiel. Die Politik muss die Regeln ändern.“ Die Beisitzerin im Bundesvorstand der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft sieht einen Umbruch, eine Veränderung des agrarpolitischen Systems, wofür aber noch Überzeugungsarbeit nötig sei: „Viele wollen ein anderes System, aber da sind auch noch Kräfte, die das System erhalten wollen.“

Wie kann die Agrarwende funktionieren?

Für Martin Hermle vom Verband Bioland fehlt vor allem die gesellschaftliche Debatte. Diese solle „nicht nur von ein paar Agrarexperten, sondern von allen“ geführt werden. Für den Erzeugerberater mit Jungviehaufzucht in Wald könne eine Veränderung nur funktionieren, „wenn wir alle Verantwortung übernehmen, dass wir in Zukunft eine Landwirtschaft haben, die nicht nur gute Lebensmittel erzeugt, sondern auch dem Gemeinwohl, Klimaschutz und Artenschutz dient.“

Die Biobauern und grünen Kommunalpolitiker Georg Martin (Ronried, Marktoberdorf), und Heinrich Pfister (Wolfertschwenden) sehen vor allem die politischen Rahmenbedingungen als verbesserungswürdig: „Politisch fehlt das Leitbild: Wie stellen wir uns die Landwirtschaft der Zukunft vor?“, so Pfister.

„Jede Politik wird scheitern, die nicht den Wert der Produkte wieder in den Vordergrund bringt.“

Stefan Häfele, der sich mit seinem Familienbetrieb in Westernach bei Mindelheim durch eigene Verarbeitung und Selbstvermarktung in vielen Bereichen vom System gelöst hat, sieht vor allem die Globalisierung und die dadurch zu niedrigen Preise als Problem. Deutschland betreibe die nachhaltigste Landwirtschaft der Welt, aber müsse mit den hohen Standards zum Weltmarkt-Preis produzieren. „Der Preis wird dem Wert der Produkte nicht gerecht.“ Subventionen oder Prämien hält Häfele für den falschen Weg, da dies nur weiterhin dazu führe, dass die Produkte billig bleiben. Vielmehr müsse der Wert der Produkte in den Vordergrund gestellt werden – und entsprechend etwa der Milchpreis höher werden.

Für Georg Martin klare Aufgabe der Politik, die durchaus Rahmenbedingungen ändern und durchsetzen kann. So sei etwa die Abschaffung der Käfighaltung bei Hühnern in der EU politisch erreicht worden – erst dadurch gebe es die billigen Eier aus den Legebatterien nicht mehr im Supermarkt. Die großen Veränderungen müsse immer die Politik bringen, so Martin, der auf seinem Hof schon frühzeitig aus Überzeugung auf biologische Landwirtschaft gesetzt hat: „Ich bin als Landwirt in Vorleistung gegangen und erwarte, dass die Politik die Rahmenbedingungen setzt, dass es sich lohnt.“

Eine Abschaffung von Agrargeldern der EU wäre dramatisch für die Höfe, erklärte Heinrich Pfister. Rund ein Drittel der Einnahmen kommen aus Subventionen, allerdings seien die Förderungsbedingungen unklar: „Hier muss geklärt werden, was man für eine Landwirtschaft will und entsprechend angepasst werden mit klaren Bedingungen, was gefördert wird.“

Kritik an Klöckners Kennzeichnungspflichten

Damit auch die Verbraucher ihre Verantwortung wahrnehmen könnten, benötigten sie mehr Informationen. Dabei seien gesetzliche Vorgaben oft unzureichend und irreführend, erklärt Alois Hafner von der Erzeugergemeinschaft MEG Milch Board. Für die Vermarktung als „Allgäuer Milch“ müsse beispielsweise nur etwas mehr als 50 % der Milch aus der Region stammen, der Rest interessiere nicht. Von der derzeitigen Landwirtschaftsministerin sei kein Interesse erkennbar, das grundsätzlich zu ändern. Die Kennzeichnung müsse verbessert werden, bestätigt auch Martin Hermle: „Da haben sich die politisch Verantwortlichen in letzter Zeit stark gegen mehr Transparenz gewehrt. Wer aber jetzt schon wissen will, was er kriegt, kann Bio kaufen.“

Sein Bioland-Kollege und unser Kreisvorsitzender Günter Räder sieht hier eine positive Entwicklung: „Die Corona-Krise hat gezeigt: Die Verbraucher ändern sich. Die Nachfrage nach Bio ist gestiegen. Wir erreichen immer mehr. Wir müssen diese Linien weiter verfolgen und die Politik muss das unterstützen.“

Unser Bundestagskandidat Daniel Pflügl, der im Kreistag Unterallgäu bereits eine Arbeitsgruppe „Pro Landwirtschaft“ etabliert hatte, freut sich über die rege Beteiligung an der Diskussion. „Das zeigt, das ein großes Interesse da ist, hier gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.“ Er will die Gespräche mit Vertretern unterschiedlicher Formen der Landwirtschaft daher gerne auch im Format „Hofcafé“ fortsetzen – am liebsten beim nächsten mal nicht mehr nur von zuhause am Bildschirm, sondern wieder persönlich direkt auf dem Hof.

Ein Videomitschnitt der Veranstaltung ist auf Daniel Pflügls YouTube-Kanal verfügbar: